Leben in Qatar? Arbeiten in Qatar? Wie geht es muslimischen Frauen unter ihrer Abaya?
Gerade, wie es sich unter einer Abaya lebt, können westliche Frauen wohl nie beantworten. Ich reise viel und gern in arabische Länder. Immer wieder kommen dabei Diskussionen zur Rolle der Frau auf. Insbesondere bei Freundinnen, die das zum ersten Mal sehen. Es sind Fragen wie:
- Kann man als Frau allein nach Katar reisen?
- Muss man sich als Urlauberin verschleiern?
- Dürfen Frauen in Katar Autofahren?
- Arbeiten in Qatar – dürfen Frauen auch arbeiten?
- Wie leben Expats in Qatar?
DIE verschleierte Frau gibt es nicht
Ich persönlich stehe der Verschleierung der Frau sehr kritisch gegenüber. Vor allem ist mir aufgefallen, dass es DIE verschleierte Frau nicht gibt. Die Unterschiede von Land zu Land sind gravierend.
Das Leben, die Stellung in Gesellschaft und Familie, der Alltag, die Rechte der im materiellen Wohlstand lebenden Frauen in den arabischen Emiraten unterscheiden sich gewaltig von der armen Muslima aus Afghanistan. Aber das ist ein anderes Thema.
Hier geht es um Qatar, denn dort war auch ich zuletzt. In dem als besonders konservativ geltenden Emirat sind 90% aller einheimischen Frauen vollverschleiert.
Hier der persönlicher Erfahrungsbericht einer deutschen Bekannten, die mit ihrer (deutschen) Familie 5 Jahre in Doha, der Hauptstadt von Qatar, gelebt hat. Eine klassische Expat-Familie.
Selbstbewusste Frauen in Qatar kommen oft aus der Oberschicht
Am Anfang war es befremdlich, immer und überall komplett verschleierten Frauen zu sehen. Und als „Westliche“ fragt man sich, warum die Frauen das zulassen bzw. mit sich machen lassen. Im Laufe der Zeit lernt man damit umzugehen, es zu akzeptieren und zu respektieren.
Ich denke, für die meisten Frauen gehört es zur Kultur und Tradition. Sie kennen es nicht anders, weil sie so aufgewachsen und erzogen sind. Was ja nicht zwangsläufig bedeuten muss, dass die Frauen unterwürfig und wertlos sind/behandelt werden. Ich habe auch selbstbewusste und emanzipierte Frauen erlebt – sie kommen aber meistens aus reicheren Familien. Und ja, die Frauen arbeiten auch in Qatar.
Abaya als Statussymbol?
Ich würde sagen, die meisten Frauen fühlen sich wohl und geschützt unter ihrer Abaya. Eine Schutzhülle vor unerwünschten Blicken, vor allem von fremden Männern (was ja eigentlich auch der Sinn dieser Verkleidung sein soll). Und für viele gehört die Abaya zum Prestige, wie für Russinnen der Pelz. Graue Mäuse sind die meisten auf keinen Fall, die sind modisch auch ganz schön auf Zack – nur bekommt das in der Öffentlichkeit keiner zu Gesicht. Besonders überrascht hat es mich auch immer wieder, Männer mit ihren Frauen in Dessousläden zu sehen.
Außerhalb des Landes fallen die Hüllen
Dabei wird meistens nur innerhalb des Landes/arabischen Gebietes auf die „Verkleidung“ wert gelegt. Sobald sie auf Reisen außerhalb sind, fallen bei vielen die Hüllen, sind dezent gekleidet, vielleicht aber mit Kopftuch/Turban – wie man es oft auch bei der damaligen First Lady, Sheika Moza, beobachten konnte. Ich habe oft gesehen, wie Abayas ins Flugzeug ein – aber nicht aussteigen – und umgekehrt.
Einmal war ich bei einer Freundin, eine Ägypterin, die ich nur mit Kopftuch kannte, zum Mädelsabend eingeladen. Als sie uns begrüßte, habe ich sie kaum wiedererkannt. Ich musste sie immer wieder anstarren und konnte nicht begreifen, dass sie ihre wunderschönen Haare, ihre gesamte Schönheit, unter einem Kopftuch verstecken muss.
Die Qataris – stolz oder überheblich?
Mir ist aufgefallen, dass die Frauen, trotz ihrer „Verkleidung“, sehr stolz und eitel sind, wie überhaupt alle Qataris ein sehr stolzes (vielleicht auch ein bisschen überhebliches) Volk sind. Das sieht man an ihrer Haltung, ihrem Gang.
Weiterhin denke ich, dass es, besonders für Qataris, wichtig ist, sich aus der Masse hervorzuheben. Qatar hat ca. 2 Millionen Einwohner, davon ist nur ein Bruchteil (ca. 300 000) einheimisch. Durch ihre traditionelle Kleidung zeigen sie den anderen „Hallo, ich bin Qatari, das ist MEIN Land“. Ähnlich wird es auch in Abu Dhabi und Dubai sein.
Bestimmen nur Männer die Regeln?
Trotzdem hadere ich mit der Tatsache, dass diese Kultur/Tradition irgendwann einmal von Männern zum Gesetz gemacht wurde und noch heute, hauptsächlich von Männern, strikt durchgesetzt wird, wie noch viele andere Gesetze gegen Frauen. Soviel ich weiß, steht nirgendwo im Koran, dass Frauen sich verschleiern müssen – und selbst der ist ja von Männern geschrieben, also Gesetz!!! Immer noch bestimmt das Familienoberhaupt (ein Mann) die Regeln.
Und ja, Frauen dürfen in Katar Autofahren. Aber sie tun es meistens nicht, denn die Mehrzahl hat einen Fahrer. Und wenn doch, sitzen sie in verdunkelten Limousinen und nehmen für die Fahrt den Schleier ab.
Scheidungen in Qatar
Die Scheidungsrate in Qatar ist sehr hoch. In den meisten Fällen gehen die Scheidungen von den Frauen aus. Das liegt vielleicht auch daran, dass Männer sich nicht unbedingt scheiden lassen müssen, wenn es mal nicht mehr so gut läuft. Sie können mit bis zu vier Frauen parallel verheiratet sein. Und für die Frauen praktisch, für die Männer teuer: Nach der Scheidung müssen Männer weiterhin für den gesicherten Lebensunterhalt aller Exfrauen sorgen. Dazu gehört auch, dass sie allen Exfrauen ein eigenes Haus zur Verfügung stellen müssen.
Einen differenzierten Beitrag über die erstaunliche Entwicklung der Frau im Nahen Osten und ihrer Kleidung findest du hier: Wie konnte das passieren?
Was denkst Du darüber? Ich würde mich über deine Meinung im Kommentarfeld sehr freuen. Ich habe noch weitere interessante Artikel zum Thema Asien geschrieben, schau doch gern mal vorbei.
Meine Buchempfehlung
Die Autorin beantwortet viele Fragen, die sich zwangsläufig auf Reisen in arabischen Ländern stellen – auch im privaten Umgang.
Das ist ja ein toller Artikel! Hochinteressante Einblicke! Und mal wieder der Beleg, dass es wichtig ist, miteinander zu sprechen und nicht einfach nur zu urteilen. Danke!
Beste Grüße
Ulrike
Liebe Ulrike,
ich freue mich sehr, dass ich mit diesem Beitrag bei Dir ins Mark getroffen habe. Hintergründige Themen in einem Reiseblog sind ja immer etwas schwierig… Gerade, wenn es um die schönen (und oft auch unverhältnismäßig teuren) Aspekte des Reisens geht – wie in meinem Blog.
Da ich in den letzten Jahren in islamischen Ländern eine zunehmende Religiosität (um es vorsichtig auszudrücken) festgestellt habe, und es sehr viele islamische (Reise)-Länder gibt, gehört das Thema “wie verhalte ich mich als nichtmuslimischer Mensch -und insbesondere als Frau- in diesen Ländern dazu. Dabei gibt es RIESEN Unterscheide von Land zu Land – das ist dabei ganz wichtig – auch was die Rolle der Frau betrifft.
Die Emirate sind eine große Ausnahme. Die einheimische Bevölkerung partizipiert vom (Rohstoff)reichtum des Landes in einem auf der Welt einmaligen Maße – das wirkt sich auch auf den Lebensstandard der Frauen aus, die -obwohl ganzkörperverschleiert- relativ gut leben – je reicher, desto freier (unter ihrem Schleier).
In ärmeren Ländern wie Ägypten, den Maghrebstaaten, aber auch Indonesien, dem Iran und sogar in der Türkei sieht das ganz anders aus. Eines ist mir noch wichtig: Ich höre oft von westlichen Frauen, dass viele muslimische Frauen den Schleier doch freiwillig und gern tragen. Das kann ich aus vielen Gesprächen und Reisen ganz und gar nicht bestätigen.
Einige sagen es, weil sie es nicht anders kennen und es ihnen dermaßen von der Familie eingetrichtert wird. Das zeigt nur, dass der Prozess, sich eine eigene Meinung zu bilden, gar nicht angelegt ist. Und es zeigt, dass die von Männern vorgeschriebene Schleierpflicht der Unterdrückung der Frauen dient. Meine Meinung.. Vielleicht schreibe ich über das Thema auch nochmal einen eigenen Post – ich habe so viele Aufzeichnungen von Gesprächen mit muslimischen Frauen in x-Ländern…
Hallo, habe gerade einen flüchtigen Eindruck von Abu Dhabi und Dubai gewinnenkönnen. Habe michdort als Frau sehr wohl und sicher gefühlt-auch ohne Kopftuch. Die Frauen dort liefen nicht anders rum als wir hier-alles war möglich und schien auch erlaubt.
Unser Reiseführer erzählte, dass die Verschleierung noch aus der Zeit des Nomadenlebens stammt, wo sich die Menschen vor dem Sand der Wüste schützen mussten. Männer in Weiß, auch um sich der Umgebung anzupassen, die Frauen in den Zelten in Schwarz. Und solange existieren die Emirate ja noch nicht. Auch wir brauchen in Europa mehrere Generationen, um uns von Traditionen zu befreien. Einige sind auch uns lieb geworden.
Hey! Super, danke für Deine Schilderung. Ja, Dubai und Abu Dhabi kenne ich auch gut. Ich bin sehr gern dort. Die Verschleierung in den Emiraten sehe ich auch ganz anders als in den “gewachsenen” und vor allem armen muslimischen Staaten. Aber das ist ein langes Thema. Qatar ist sowieso etwas anders als Dubai und auch Abu Dhabi, da extrem konservativ..
Ich bin zur Zeit in Katar und ich sehe das ganze mit etwas anderen Augen. Ich höre und sehe hier nie die Diskussion oder den Konflikt bei den einheimischen (habe fast ausschließlich mit ihnen zutun) dass sie sich darüber aufregen oder sich in ihrer Kultur bedroht fühlen von dem Kleidungstil des Westens… im Gegenteil sie akzeptieren es und dennoch sind sie stolz und drücken es mir aus wenn ich mich mal typisch wie sie kleide. Wir sollten lernen… die Menschen so zu akzeptieren wie sie sind… in Deutschland werden die Frauen in einem Schleier immernoch schief angeguckt… immernoch blöd angemacht und immernoch gibt es ständig die Diskussion “warum passen die sich nicht an… wir sind hier in Deutschland”
In Katar leben viele Geschäftsleute und Arbeiter aus dem Westen … auch viele deutsche, jedoch gibt es diese Diskussion nicht ansatzweise…
Hallo Jonas,
danke für Deinen Kommentar. Ich glaube, der große Unterschied besteht darin, dass die Expats aus dem Westen in Katar alle (bzw. so gut wie alle) wieder gehen (müssen). Eine Bedrohung können sie schon deswegen kaum werden. Außerdem bringen sie Know-How ins Land. Beides trifft umgekehrt eher weniger zu.
Es sind auch nicht die stolzen, reichen Frauen aus den arabischen Emiraten, die in Deutschland leben (wollen). Ich sehe einen großen Unterschied zu den Frauen aus armen muslimischen Ländern…
Dir eine gute Zeit in Katar! Ich bin sehr gern dort.
Britta von Brittneys
Liebe Britta, danke für Deine Beschreibungen und auch Deine Reaktionen auf die Kommentare.
Ich lese mit aufmerksamen Augen und wäre hoch gespannt zu erfahren, was Du einer single lebenden Frau empfehlen würdest, ginge sie nach Katar, wie sie sich verhalten solle. Ich bin von Klienten aus Katar, die mich in meiner Praxis in Deutschland besuchten, angesprochen worden, ob ich nicht einen Teil des Jahres in Katar arbeiten wollen würde. Hättest Du Tipps ?
* wie leben?
* wohnen?
* kleiden?
* arbeiten?
* fortbewegen?
Ich würde eine Praxis eröffnen. Ich wünsche Dir und allen Lesern einen guten Rutsch ins neue Jahr Danke Stefanie aus Köln.
Liebe Stefanie,
schön, dass Du mich gefunden hast bei Deiner Katar-Recherche. Gern würde ich Deine Fragen beantworten, doch: Es ist eine große Entscheidung, nach Katar zu ziehen zum Arbeiten und Leben. Viel Faktoren, darunter auch ganz persönliche, müssten mit einbezogen werden. Da ich Dich und auch alle “Deine Umstände” nicht kenne, kann ich sehr schlecht Empfehlungen aussprechen, bzw. Dich beraten. Katar entwickelt sich rasend schnell, was heute gilt, kann morgen schon anders sein… Ich bitte um Verständnis und bin mir sicher, Du wirst die richtige Entscheidung treffen.
Ganz lieben Gruß, Britta von Brittneys
Das Leben dort ist ein völlig Anderes als in unserer Europäischen Welt. Da es dort um Verschleierung geht, haben wir Europäer uns abasolu tnicht einzumischen. Diese Menschen mischen sich auch nicht in unser Leben und fordern uns auf eine Verschleierung zu tragen.